Die Wohnungsbesichtigung für Lärmsensible

Was du vor, während und nach der Besichtigung tun kannst, um zukünftige Lärmprobleme auszuschließen.

Florian Grünwald
27. Januar 2023

Du hast es geschafft und bist zur Wohnungsbesichtigung eingeladen. Super! Jetzt gilt es herauszufinden, ob deine neuen vier Wände auch wirklich ruhig sind. Im Folgenden Post findest du Dinge, die du tun kannst um deine Chancen auf eine leise Wohnung zu erhöhen.

Vor der Besichtigung:

Falls du das noch nicht recherchiert hast, solltest du eine Liste der Lärmquellen in der Nähe der Wohnung machen und überlegen, wann diese aktiv sind (am schnellsten geht das mit einem kurzen Ruhecheck). Beispielsweise: Schule: 7:30 - 16:00, Biergarten: 17:00 - 22:00, Berufsverkehr morgens und abends etc. Danach kannst du dir überlegen, ob vielleicht gewissen Lärm ignorieren kannst, weil er dich nicht stört. Wer beispielsweise tagsüber nicht zu Hause ist, kann gut gegenüber einer Kita wohnen.

Mit einer List der Lärmquellen bist du für die Besichtigung vorbereitet und kannst dir vielleicht sogar die beste Zeit aussuchen, um zu checken, wie sehr du dich durch diese gestört fühlst. In jedem Fall ist es sehr hilfreich, zu einer Zeit zu kommen, in der die Nachbarn wahrscheinlich zu Hause sind, um Fragen stellen zu können.

Eine noch bessere Vorbereitung ist natürlich, wenn du mit jemand sprechen kannst, der im Haus (am besten der gleichen Wohnung) gelebt hat. Diese Person sollte kein Interesse daran haben, dass du in die Wohnung einziehst (ein Makler oder der Vormieter, der einen Nachmieter sucht sind oft nicht die besten Informationsquellen).

Versuche am Besten, jemand im Haus anrufen und zu Lärmproblemen bzw. Hellhörigkeit des Hauses zu befragen. Die Telefonnummern für eine bestimmte Adresse kannst du über Rückwärtssuche im Telefonbuch herausfinden. Hier zum Beispiel.

Schau dir auch das Baujahr des Hauses an (dieses ist oft im Profil der Wohnung dokumentiert oder falls vorhanden im Aufzug des Hauses zu lesen). Grob kann man sagen, dass ein Altbau meistens hellhörig ist und hier besonders häufig die Trittschalldämmung (wie stark man die Nachbarn über dir hört) ein Problem darstellt. Auch die Baujahre von 1945 - 1970 sind oft nicht gut schallgedämmt, genauso wie Plattenbauten (und allgemein ältere Gebäude mit “billiger” Bausubstanz).

Ab ca. 1990 ist die Schalldämmung meistens besser nachdem neue Schallschutznormen eingeführt wurden. Seitdem gab es keine größeren Änderungen der Schallschutzbestimmungen (seit 2018 gibt es nochmal etwas strengere Werte zur Trittschalldämmung).

Für den Besichtigungstermin selbst könntest du dir auch ein zweites paar Ohren organisieren (in jedem Fall eine gute Idee für eine Wohnungsbesichtigung).

Während der Besichtigung:

Jetzt geht es darum, zu checken, wie es tatsächlich lärmtechnisch in der Wohnung aussieht. Jetzt ist dein Gehör am Wichtigsten, aber auch durch ein paar weitere Tests kannst du Einiges herausfinden.

Was du dir genauer ansehen solltest:

  • Die Fenster und umliegende Fugen: Laut Umweltbundesamt sind die „Fenster die größten Schwachstellen bei der Lärmdämmung eines Hauses: Alte Fenster haben eine Schalldämmung (ca. 25 dB), die 1000 mal (!) geringer ist, als die einer guten Außenwand (55 dB).“ Der wichtigste Faktor, der die Schalldämmung der Fenster beeinflusst, ist die Verglasung der Fenster. Diese gibt es in einfacher, zweifacher oder dreifacher Ausführung. Wie herausfinden? Frag den Vermieter, aber schau es dir auch auf jeden Fall selbst an. Am Einfachsten siehst du das unten im Fensterrahmen, wo die Scheibe(n) auf den Rahmen treffen. Bei Doppelverglasung siehst du hier einen metallischen Trennstreifen zwischen den zwei Scheiben. Bei Dreifachverglasung ist dieser Streifen in der Mitte unterbrochen, es sollten also zwei parallele Metallstreifen zu sehen sein. Teste auch, ob die Fenster gut abgedichtet sind. Hier gilt, ein leichter Zug bei geschlossenem Fenster ist ein schlechtes Zeichen. Das kannst du dadurch checken, dass du auf der gegenüberliegenden Seite der Wohnung ein Fenster öffnest. Bei gut abgedichteten Fenstern sollte es hier keinen Durchzug geben. Eine gute Abdichtung ist genauso für Rolladenkästen wichtig. Falls du diese sehen kannst, wirf auch auf diese einen Blick.

  • Die Außen- und Wohnungstrennwände: Genauso wie die Fenster, solltest du dir die Wände ansehen (sowohl die zur Straße, als auch eventuell vorhandene Trennwände zu Nachbarwohnungen). Hier gilt der Klopftest: Klingt es hart und die Wand macht einen massiven Eindruck? Ein gutes Zeichen, dass die Wand dick ist und Schall gut abschirmt. Die Wand klingt hohl und schwingt vielleicht sogar etwas? Dies ist vor allem bei Wohnungstrennwänden innerhalb eines Hauses der Fall. Das heißt, die Wand wurde wahrscheinlich billig gebaut und du wirst deinen Nachbarn vielleicht näher sein, als dir lieb ist. Abgesehen davon, nimm dir in jedem Fall aber immer die Zeit, um zu testen, ob du Geräusche von außerhalb der Wohnung hören kannst. Falls es eine Gruppenbesichtigung ist, geh dafür am besten in ein anderes Zimmer und schließ die Tür.

  • Der Wohnungsgrundriss: Überlege dir, inwieweit der Grundriss deinem Lebenskonzept entspricht. Falls beispielsweise die Straße eher laut ist, aber du deinen Wohn- und Schlafbereich auf die ruhige Gartenseite legen kannst, könnte die Wohnung trotzdem für dich in Frage kommen.

  • Schallquellen aus dem Haus selbst: Gibt es einen Aufzug? Dann solltest du diesen auf jeden Fall benutzen und einen Lärmtest machen. Am besten bist du in der Wohnung, während der Aufzug fährt. So findest du heraus, wie viel Lärm wirklich in der Wohnung ankommt. Ist die Wohnung im EG oder Keller? Falls ja, versuche, die Heizung oder Klimaanlage des Hauses zu hören bzw. auf andere eventuell vorhandene Gebäudeleittechnik zu achten (die sich meistens im Keller befindet). Dazu fragst du am Besten den Makler oder Vermieter.

Nach der Besichtigung:

Versuche, deine Ergebnisse mit den Erfahrungen der Nachbarn abzugleichen. Haben die Nachbarn unter der Wohnung den Vormieter durch die Wohnung laufen gehört? Dann ist das Risiko hoch, dass das Haus nicht gut trittschallgedämmt ist und du auch die Nachbarn über dir wirst hören können. Fühlten sich die Nachbarn neben dir durch die normalen Lebensgeräusche deines Vorgängers gestört? Genauso: die Schalldämmung ist wahrscheinlich nicht gut und du wirst deine Nachbarn auch hören. Wer wohnt um dich herum? WGs und Familien mit kleinen Kindern könnten lauter sein, als es deinen Erwartungen entspricht.

Wie immer gibt es viele Punkte zu beachten und daher werde ich demnächst den Post nochmal als Checkliste veröffentlichen. Habe ich etwas vergessen? Seht ihr etwas anders? Ich freue mich auf euer Feedback.