Der Parkfriedhof in Hamburg Ohlsdorf

Der größte Parkfriedhof der Welt und Teil des deutschen UNESCO Weltkulturerbes. Was gibt es zu sehen und wie steht es mit dem Thema Ruhe?

Florian Grünwald
27. Januar 2023

Ein Wunderwerk der Natur und Kultur vor den Toren Hamburgs

Weihnachten steht vor der Tür und wir wollen euch dieses Mal einen besonderen Park vorstellen, in dem ihr in diesen stressigen Wochen Stille und Besinnlichkeit finden könnt: den Parkfriedhof Ohlsdorf im Hamburger Norden. In diesem Artikel präsentieren wir euch den Park und nehmen diesen auch in Bezug auf die Ruhe genauer unter die Lupe. Außerdem wollen wir euch erklären, wie sich der Friedhof zusammen mit der deutschen Friedhofskultur entwickelt hat und zeigen, wie ihr bei einem Besuch möglichst viele Facetten des Parks mitbekommt.

Angelegt im Jahr 1877 vom Architekten Johann Wilhelm Cordes hatte der Friedhof Ohlsdorf das Ziel, jedem Hamburger eine eigene Grabstätte zu ermöglichen. Mit 389 Hektar bekam er dafür eine großzügige Fläche, was ihn auch heute noch zum größten Parkfriedhof der Welt macht. Nicht nur den Menschen bietet er viel Platz, auch der Pflanzen- und Tierwelt ist er ein gastfreundlicher Lebensraum: Bewachsen ist der Park von über 450 Baumarten, auf denen über 60 Vogel- und Fledermausarten heimisch sind. Auch mehr als 200 Schmetterlingsarten und vielen Säugetierarten bietet der Park ein Habitat.

Ein international prämiertes Kulturdenkmal

Der Parkfriedhof ist eines der bedeutendsten deutschen Natur- und Kulturdenkmäler: 2020 wurde die deutsche Friedhofskultur von der UNESCO sogar als immaterielles Weltkulturerbe aufgenommen. Auf Grund seiner beeindruckenden Gartengestaltung, seiner künstlerisch herausragenden Grabstätten und über 800 Skulpturen gilt er als herausragendes Gesamtkunstwerk.

Etwas außerhalb der Stadt gelegen, ist der Park trotzdem leicht mit der U- oder S-Bahn zu erreichen (Station: Bahnhof Ohlsdorf). Am Haupteingang halten die U1 und S1 sowie die Buslinien 172, 179 und 392. Auch an Parkplätzen rund um den Friedhof mangelt es nicht.

Der Friedhof wurde schon von Anfang an im Zeichen der religiösen Toleranz überkonfessionell angelegt. Er beherbergt Anlagen zahlreicher Religionsgemeinschaften, unter anderem Gräber des chinesischen Vereins, der Japanischen Kolonie, des Deutsch-Baltischen Friedhofvereins und der iranisch-moslemischen Gemeinde. In direkter Nachbarschaft befindet sich auch der jüdische Friedhof Ilandkoppel, der als separates Areal ausgewiesen wurde. Dies war notwendig, um die ewige Totenruhe im Judentum zu gewährleisten, die im Gegensatz zur deutschen Friedhofskultur, der Grabüberlassung auf Zeit, steht.

Auch viele Hamburger Persönlichkeiten haben hier ihre letzte Ruhe gefunden, zum Beispiel Helmut Schmidt oder Roger Cicero. Die berühmten im Friedhof Ohlsdorf begrabenen Menschen sind hier aufgelistet.

Der richtige Ort für Ruhesuchende

Grundsätzlich ist der Friedhof ein wunderbarer Ort, um in der belebten Großstadt Hamburg zur Ruhe zu kommen. Das Areal ist weder von größeren Straßen noch Schienenwegen durchschnitten und seine Lage ist trotz Nähe zum Hamburger Flughafen günstig: Im toten Winkel der Landebahnen gelegen, gibt es hier fast keinen Fluglärm - ansonsten ein häufiges Problem im Hamburger Norden. Auch der Ruhecheck zeigt eine fast perfekte Bewertung.

Die historische Entwicklung des Friedhofs

Nachdem der Parkfriedhof Ohlsdorf ein besonderes Beispiel der deutschen Friedhofskultur ist, wollen wir euch im Folgenden die Historie des Friedhofs näher vorstellen.

Ursprünglich wurde der Friedhof Ohlsdorf mit dem Ziel angelegt, auch den weniger wohlhabenden Menschen der Stadt ein eigenes Grab bieten zu können und bekam dafür ein besonders großes Areal. Dies nicht nur aus Pietätsgründen: Auch aufgrund eines besseren Verständnisses von Hygiene und Infektionskrankheiten im 19. Jhd sollten Begräbnisse aus der Hamburger Innenstadt verbannt werden.

Gleichzeitig trat schon früh ein Kontrast zu Tage, der für Diskussionen sorgen sollte: Grabstätten der Hamburger Großbürger dienten der Darstellung ihres unternehmerischen Erfolgs. Dies zeigte sich häufig in großen Mausoleen und kostspieligen Baumaterialien.

Nach dem ersten Weltkrieg gab es mit dem neuen Friedhofsdirektor Otto Linne eine Abkehr vom großen Gestaltungsspielraum der Gräber und Individualität, hin zu mehr Regeln und allgemein funktionalerer Friedhofsgestaltung. Die Zeit der großen repräsentativen Familiengrabmähler war vorbei.

Dieser Trend verstärkte sich während des Nationalsozialismus. Gräber wurden streng standardisiert und unter dem Einfluss der Reichskulturkammer gab es fast keine individuellen Gestaltungsmöglichkeiten mehr. Dies änderte sich auch nach dem Krieg erstmal nicht.

Erst in den 1970er Jahren öffnete sich die Trauerkultur wieder: Angelegt wurden Bereiche für Rasengräber, Paargrabstätten, Gemeinschaftsgrabanlagen und anonyme Urnenhaine. Im Jahre 2006 wurde im Friedhof Ohlsdorf sogar ein Ruhewald, in dem Urnen unter Bäumen beigesetzt werden können, eingeweiht.
In den letzten Jahrzehnten änderte sich auch die Aufteilung im Friedhof: Durch den geringeren Platzbedarf der Urnen wurde ein immer größerer Teil des Friedhofs zu einem reinen Park umgewandelt.

Orientierung im Parkfriedhof

Um das riesige Gebiet zu erkunden, gibt es viele Möglichkeiten:

  • Falls ihr euch digitale Unterstützung bei der Begehung holen wollt, gibt es dafür sogar eine Friedhofsnavigationsapp. Die App führt euch zu über 700 Sehenswürdigkeiten, darunter den Friedhofskapellen, den Grabstätten von Prominenten und den bekannten Mausoleen.

  • Wenn ihr noch zielgerichteter vorgehen wollt, gibt es eine Vielzahl an Führungen: Kulturelle Führungen, Wanderungen mit Schwerpunkt Natur, literarische Führungen und sogar ein Märchenspaziergang. Alle Führungen sind hier aufgelistet.

  • Der Friedhof bietet euch auch ein Museum mit Informationen zur Geschichte des Friedhofs und Grabmalkultur (Im Dezember 2021 wegen Covid geschlossen. Informiert euch am Besten kurz vor eurem Besuch auf der Website).

  • Wer vom Park oder der deutschen Friedhofsgeschichte so begeistert ist, kann sich sogar auf unterhaltsame Weise noch weiter informieren: im eigenen Podcast “Ohlsdorf bewegt – Geschichten vom größten Parkfriedhof der Welt” mit interessanten Hintergründen zum Park und seinen Besuchern.

Wir hoffen, wir haben euch ein bisschen Lust auf eine Entdeckungsreise nach Ohlsdorf gemacht. Wem es gerade zu kalt für einen Besuch im Park ist, könnte den Friedhof Ohlsdorf auch im Frühling besuchen. Ende April bis Anfang Juni blühen die wunderschönen alten Rhododendren, die überall im Park zu finden sind: Ein außergewöhnlicher Anblick, der jedes Jahr viele Besucher anzieht.